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Der 7tägige Ostseetörn mit abschließender praktischer SKS-Prüfung am achten Tag auf zwei Schiffen Hanse 370 (Lüa 11,35 m; 6,8 t) war ein wunderbares Erlebnis für die 11 Crewmitglieder und ein toller Erfolg für die acht Prüflinge (mit dem am Prüfungstag von Rügen hinzugestoßenen Peter). Er war eingebettet in ein Gesamtunternehmen, das mit einer Anfrage Patrick Ende September 2009 an potentielle Teilnehmer, die an einer Wiederaufnahme des 2009er Ostseetörns interessiert seien, begann.

 

Damals war von SKS-Lehrgang und –Prüfung noch nicht die Rede. Als im Laufe der Wintermonate außer unserem Chef-Organisator und –Skipper Dieter 10 Adepten beisammen waren, inklusive Klaus, der als alter Wassersportler auch einmal dabei sein wollte, verwandelten sich die Vorbereitungen ab März 2010 unverhofft in einen schul- und trainingsmäßig durchgeführten SKS-Lehrgang, den Dieter mit ganzem Einsatz und voller Fürsorge für die acht Prüflinge, seine speziellen „Schäfchen“ (mit Peter, der ja am Törn nicht teilnahm, weil er mit seinem eigenen Schiff unterwegs war) geleitet hat.

 

Vermutlich hat jeder von ihnen irgendwann einmal unter der Last der Lern- und Prüfungsanforderungen für die theoretische Prüfung am 12. Juni gestöhnt, aber das ganze Unternehmen wurde schließlich am 10. Juli mit einem „Wir haben es geschafft“ und „Es war großartig und fortsetzungswürdig“ gekrönt. Zwar war alles halb so wild, aber jeder musste Kurse und das MOB (Mensch über Bord) Manöver unter Motor und Segel fahren.

Der Törn selbst war rundum schön und gelungen. Die beiden Crews, fünf Mann auf der Birk, sechs (mit Dieter) auf der Scary Mary, haben sich von Anfang an und spontan aufeinander eingestellt, einander unterstützt, voneinander gelernt, einen freundschaftlichen und verständnisvollen, auch versöhnlichen Umgangston gepflogen (wenn etwas mal nicht klappte oder Ungeduld oder Missverstehen im Spiel war – absoluten und ewigen Frieden gibt es unter Menschen nicht), ohne laute Töne und Kommandiererei die Arbeit gemacht und vor allem viel Spaß miteinander gehabt und insgesamt gemeinsam, was die Seemannschaft betrifft, durch die Praxis sehr viel gelernt. Michael von der Birk hat es auf einen einfachen Begriff gebracht: Mit dieser Mannschaft würde ich jederzeit wieder fahren.

Das Unternehmen begann für die meisten am Freitag, dem 2. Juli, mit der Anreise in die Jugendherberge Bad Malente, ca. 70 km vom Einsatzort in Heiligenhafen entfernt, wo wir uns auf einem 6,5 ha großen parkähnlichen Gelände, vom Kellersee umgeben, der zum Baden einlud, und in der Abendsonne bei Pizza, Bier und Wein auf die kommenden Tage einstimmten.

Am nächsten Morgen wurden die beiden Schiffe von den Skippern Jörg und Dieter übernommen und anschließend in der schon schweißtreibenden Morgenhitze mit Proviant und Reisegepäck beladen, bis das Abenteuer – erstes Ablegen aus der engen Box ca. 10:30 und freie Fahrt voraus (zunächst nur unter Motor) beginnen konnte; ab Fehmarnsundbrücke mit Segel und kühlendem Fahrtwind, eifrigem Navigieren gemäß Lehrbuch und Chef-Skipper-Anweisung (Positionsbestimmung mittels Kreuzpeilung zur Kontrolle der GPS-Position) und (auf der Birk) Hick-Hack um die Berücksichtigung der Ablenkung (Wo ist die Ablenkungstabelle? – An Bord gab es keine – Ist die Ablenkung (welche eigentlich?) beim Peilen zu berücksichtigen? – Am Ende sind wir nur noch Magnetkompasskurs in Anlehnung an den Kartenkurs bzw. nach Wind unter Beibehaltung eines Grobkurses gefahren. Weil Dieter unbedingt sicherstellen wollte, dass wir die für die Prüfung geforderten 300 sm für die beiden, die noch keine Seemeilen hatten, zusammenbekommen, führte uns der erste größere Schlag bei westlichem Wind nach Kühlungsborn, dem größten Ostseebad Mecklenburgs (ohne Vorpommern) mit restaurierten Villen im Stil der Bäderarchitektur und einem großzügig angelegten Bootshafen. Hier konnte das erste Längsseit-Anlegemanöver am Molensteg, wo noch Plätze frei waren, geübt werden. Da waren alle mit Ernst und Eifer bei der Sache, nachdem am Nachmittag ab 16:00 die Männer auf der Birk unter großem Gaudi das Fußballspiel Deutschland gegen Argentinien am Laptop hatten verfolgen können. Der wenig fußballbegeisterte Lutz hatte das Ruder übernommen, und die Crewkameraden konnten ungehindert und laut ihrer tierisch-satirischen Laune über Maradonas Niederlage Luft geben. Der Abend klang dann mit einem gemeinsamen Abendessen, im Restaurant wegen Überfülle an getrennten Tischen, auf der promenadenartig angelegten Fress- und Shoppingmeile entlang des Hafens aus. Der erste Tag: Probe bestanden, Mannschaften zusammengeschweißt.

 

Zweiter Tag: Kurzer Schlag bis Warnemünde, um im Sonntagstrubel der Warnemünder Woche frühzeitig im Hafenschlauch Alter Strom noch einen Liegeplatz zu ergattern. Diesmal wieder Längsseitanlegen, aber im Päckchen und unter engsten Raumverhältnissen, dafür mit Dieters fürsorglicher Einweisungshilfe. Vorher auf offener See bei gutem Wind und leichtem Seegang die prüfungsrelevanten Manöver geübt, anschließend zwischen gesperrtem Regattarevier für Jollen und Laserboote und dem Fahrwasser für die Großschifffahrt hindurch die Hafeneinfahrt angesteuert; nachmittags getrennter Stadtbummel und (in der vollen Sommerhitze) gemeinsames Eisessen, im Abendlicht die majestätische Ausfahrt des Kreuzfahrtschiffs Aida gesehen. Nachmittags haben wir den alleinsegelnden Päckchennachbarn Peter kennen- und schätzen gelernt und haben ihn kurzerhand zum Abendessen, diesmal gemeinsam an einer vorbestellten Tafel eingeladen. Ergebnis: erlebnis- und erfahrungsreicher Tag.

Dritter Tag (inzwischen Montag, der 5. Juli): Schlag in nördliche Richtung nach Hesnaes, einem idyllisch gelegenen ehemaligen Mini-Handelshafen an der Nordostecke der dänischen Insel Falster mit genau einzuhaltenden Kursen zwischen Stellnetzen und Untiefen, auf der letzten Strecke zur Hafeneinfahrt in Deckspeilung auf der Richtlinie; erstmals Einfahren zwischen den Dalben in Boxen, noch etwas ungeschickt. Abenteuerliches WC-Häuschen und auf der Birk erstmals von Smutje Michael vorzüglich zubereitetes und schmeckendes Vegetarieressen. Von den Birk-Leuten unterwegs ein Delfin gesichtet. Fazit: Tag mit neuen nautischen und seemännischen Herausforderungen.

Vierter Tag: Abfahrt in Richtung Femö durch den Grönsund und den Storströmmen ins Smaalandsfahrwasser unter zwei Brücken hindurch, die nach Dieters Anweisung mit Motorunterstützung zu passieren waren, obwohl der Wind ordentlich blies, weil unter Brücken mit Pfeilern im Wasser unkontrollierte Strömungen und Windabdeckungen bzw. -verwirbelungen auftreten und die Pfeiler unter Wasser breit auskragende Drempel haben, die bei unerwarteter Versetzung gefährlich werden können. Das ganze Gebiet um das Smaalandsfahrwasser bis zum Langelandsbelt (die „dänische Südsee“) ist idyllisches Inselmeer und Segelrevier. Die kleine Insel Femö hat nur 160 Einwohner, keine öffentlichen Verkehrsmittel, drei Kilometer Durchmesser und den Umriss Afrikas (Hinweis auf die Exotik, z.B. das internationale jährliche Jazzfestival am ersten Augustwochenende). Auf der Fahrt dahin gab es nach dem Grönsund in dem sich verbreiternden Gewässer eine Wettfahrt zwischen den beiden Schiffen, die von der Birk durch geschickteres Manövrieren zeitweise zu ihren Gunsten entschieden wurde, obwohl sie nur eine Selbstwendefock hatte und keine Genua wie die Scary Mary. Beide Schiffe testeten hier ihre Leistungsgrenzen, wobei Michael auf der Birk es sich nicht nehmen ließ, in einem zugestandenermaßen etwas unpassenden Augenblick das Deck durch eine kräftige Wasserspülung zu reinigen (unten flogen die Getränkekästen mit lautem Krach von einer Seite auf die andere). Im Hafen wieder Anlegen im Päckchen, wobei Lutz einen Versuch vermasselte, weil er die Festmacherleine nicht im richtigen Augenblick warf, aus Angst, sie würde Wulings bilden. Fazit: Ein Tag der großen Gefühle.

Am fünften Tag ging es bei kräftigem Wind in das offene Smaalandsfahrwasser, aber weil seine Richtung nicht ganz stimmte, nicht wie geplant zur nordwestlich gelegenen Insel Omö, sondern im Bogen direkt nach Westen Richtung Spodsbjerg an der Ostküste Langelands; Fährhafen, Fischereihafen (Fischgründe und Anglerparadies), Jachthafen (von Nord nach Süd gesehen), wie im Revier üblich alles klein und idyllisch, außerdem die zentrale Lotsenstation für die gesamten dänischen Gewässer von Gedser bis Skagen. Auf dieser Strecke erreichten beide Schiffe, bevor der Wind wieder schwächer wurde, ihre höchste Geschwindigkeit während des ganzen Törns, die Birk 7,6 kn, kurzzeitig in der Spitze sogar 7,8 kn, die Scary Mary unter Klaus als Rudergänger stolze 8,4 kn. Obwohl er sich „nur“ als mitfahrender Gast, sozusagen außer Konkurrenz, verstanden wissen wollte, erlebte er hier im seglerischen Geschwindigkeitsrausch das volle Dabeisein. Anlegen von hier an bis zum Ende des Törns in Heiligenhafen nur noch in Boxen. Lutz konnte seinen faux pas vom Vortag wettmachen durch ein „rasantes Anlegemanöver“ (Zitat Dieter) aus extrem enger Anfahrtkurve heraus. Fazit: Wir gewinnen Routine.

Am vorletzten Tag teilgewechselte Mannschaften, damit die Prüflinge von der Birk (außer Jörg als unverzichtbarem Skipper) auch mal unter Dieters unmittelbarer Obhut fahren konnten; bei wechselnden Windstärken Umrundung der Südspitze Langelands und danach auf nordwestlichem Vorwindkurs Richtung Marstall auf Aerö. Marstall: größter Ort auf Aerö mit langgezogenem Hafen und großer Werft, Jachthafen am Südende mit ausgesprochen kinderfreundlichem, großzügig angelegtem Spielgelände, das Mekka der Ostseesegler, meist überlaufen (Anfahrts- und Abfahrtspunkt für Segler aus Kiel und Heiligenhafen), lange Segelschifftradition aus der großen Zeit der Segler (400 Ende des 19. Jhs.). Lernerfolg auf der Scary Mary: Segeln mit Ausbäumer, Topnant und Bullenstander, Fahren mit optimaler Segelstellung bei recht schwachem Wind, abends Vorbereitung des auf der Scary Mary mitgeführten Blisters für den letzten (Heim-) Reisetag. Fazit: Ergänzende Aha-Erlebnisse.

Am siebten und letzten Tag trennten sich die Wege der beiden Schiffe, weil die Birk bis 17:00 in Heiligenhafen wieder zu übergeben war und sich dementsprechend – mit Motorunterstützung – beeilen musste, auf halber Strecke aber noch einmal abschließend die Prüfungsmanöver übte. Die Scary Mary-Mannschaft tat ein Gleiches, fuhr aber anfangs auf Vorwindkurs mit Blister, der wegen des zu schwachen Windes wieder eingeholt werden musste, und erst danach unter Motor mit Stützsegel, weshalb sie erst deutlich später einlief. Beim Anlegen der Birk in einer äußerst unübersichtlichen Situation am Ende eines mit Boxen bestückten Kanals und bei Seitenwind, der auf die Boxen drückte, passierte ausgerechnet unserem umsichtigen und bewährten Skipper Jörg, der sich sein Üben für zuletzt aufgehoben hatte, das Missgeschick einer nicht gar so schlimmen, aber für ihn selbst ärgerlichen, weil Schaden verursachenden Kollision. Der Abend verlief dicht und ausgedehnt: gemeinsames Kochen mit Michael (fleischlos) „gegen“ Andreas Bähren (fleischhaltig) und Essen auf der Birk, Vorführung der von Michael mitgebrachten Manöver-DVD, anschließend bis in die Nacht Demonstration und Diskussion zur optimalen Durchführung vor allem der MOB-Manöver bei verschiedenen Kursen zum Wind.

Gesamtfazit: Jede Situation hat ihre eigene Charakteristik und erfordert eine spezifische Reaktion, ein Schiff muss man kennen lernen, was wie bei Menschen länger dauert (passend zu Dieters Schlussfazit nach der Prüfung: Ihr habt jetzt ein Prüfungszeugnis, aber die See wird euch wirklich prüfen), Selbstvertrauen ohne Überheblichkeit gepaart mit Kooperation lässt die Herausforderungen bestehen, führt Menschen unterschiedlichen Naturells zusammen und fördert das Lernen. Gelernt haben wir auch dadurch, dass wir zugewartet haben auf das, was passiert, es beobachtet haben; Bedingungen, Zusammenhänge erfühlt und erfahrend erschlossen haben. Offenbar hat auch der Prüfer am Samstag Morgen das Gefühl gehabt, dass wir aufgrund unserer Vorbereitung und des Törns uns eine gesteigerte Kompetenz erworben hatten. Sein Vertrauen in uns hat Patrick, der als letzter dran war, mit einem souveränen Anlegemanöver in die Heimatbox der Scary Mary gerechtfertigt.

Zum Schluss Dank für alles an die beiden Vereinschefs, an Patrick, der vorausschauend und ökonomisch die Törnkasse geführt und die Mailpost betreut hat, an Jürgen, der die erholsame JH Malente ausgesucht hat, an Jörg, unseren Skipper auf der Birk, der die Verproviantierung organisiert und unermüdlich im Dienst seiner Mannschaft tätig gewesen ist, und an alle Teilnehmer, die jeder auf seine Weise zum Gelingen des Unternehmens beigetragen haben.

Den GPX-Track des Törns findet Ihr hier.

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